In seinem Buch „Die with Zero“ hinterfragt der Autor Bill Perkins das herkömmliche Modell des Sparens. Schon von Kindheit an wird uns beigebracht, dass wir für unvorhergesehene Notfälle und insbesondere auch fürs Alter sparen sollen. So sparen wir unser Leben lang, weil ja immer etwas passieren könnte – sicherheitshalber. Am Ende, wenn wir dann endlich den Ruhestand erreicht haben, winkt uns die große Belohnung und wir können uns alle Annehmlichkeiten, Reisen etc. gönnen. So lautet zumindest die weitverbreitete Ansicht. Perkins jedoch plädiert dafür, nicht erst bis zum Ruhestand mit dem Geldausgeben zu warten, sondern schon früher mit der Investition in Erfahrungen zu beginnen und mit einer 0 auf dem Konto zu sterben, weil man das Geld sowieso nicht mitnehmen kann.
Auch wenn das Buch vom Stil her sehr amerikanisch ist und die Inhalte sich häufig wiederholen, fand ich ein paar Gedanken sehr wichtig. Hier sind drei Dinge, die ich aus dem Buch mitnehmen konnte:
- Investiere in Erfahrungen: Der Ansatz von „Die with Zero“ plädiert dafür, sein Geld für bedeutsame Erfahrungen auszugeben und zwar nicht erst, wenn man alt und im Ruhestand ist, sondern schon in jungen Jahren, wenn die Gesundheit das alles noch mitmacht. Das können Reisen, Hobbys, Erlebnisse oder Fähigkeiten sein, die man noch lernen möchte. Die Idee dahinter ist zum einen, dass Erfahrungen einen größeren Wert haben als Materielles oder Geld allein, und zum anderen bringen Erfahrungen lebenslange Dividenten in Form von Erinnerungen. Je früher man diese macht, desto größer ist die Dividende am Ende. Es ist wie eine Einzahlung auf ein Erinnerungskonto. Hierbei muss auch noch bedacht werden, dass für gewisse Erfahrungen nur ein begrenztes Zeitfenster zur Verfügung steht. So steht auf meiner Bucket List z.B. die Alpenüberquerung von München nach Venedig. Diese setzt aber eine gute körperliche Verfassung voraus und ist z.B. mit 70 deutlich schwerer zu realisieren, als jetzt mit Anfang 40. Ähnlich verhält es sich auch mit Fernreisen. Ab einem bestimmten Alter sind diese einfach zu umständlich und beschwerlich.
- Gib das Geld an deine Kinder oder spende es für wohltätige Zwecke, wenn es meisten bringt: Üblicherweise hat man beim Sparen über den Ruhestand hinaus oft die Kinder im Kopf, an die das Geld dann vererbt wird. Oder wenn man keine Kinder hat, dann geht es als Spende an wohltätige Organisationen. Wenn ich die durchschnittliche Lebenserwartung nehme, sind meine Kinder bei meinem Tod ungefähr Mitte 40. Da können sie natürlich immer noch etwas mit dem Geld anfangen, aber deutlich sinnvoller wäre es doch, wenn sie es so um die 30 erhalten hätten, wo oftmals die Weichen fürs Leben gelegt werden – Familiengründung, Hauskauf, Unternehmensgründung, Auswanderung etc. In dieser Lebensphase hätten sie deutlich mehr von dem Geld.
- Verbringe das Leben nicht im Autopilotmodus: Ein großer Teil des Lebens läuft im Autopilotmodus und ich denke, dass daran auch nichts schlecht ist – das nennt sich Alltag. Solche Routinen und Wiederholungen sind wichtig, weil sie eine Kontinutität und Entlastung ermöglichen. Niemand kann permanent auf in allen Bereich auf höchster Stufe laufen. Jedoch sollte man sich bewusst sein, dass es verführerisch ist, sich dem Autopilotmodus komplett zu überlassen. Denn ehe man sicher versieht, rauschen die Jahre an einem vorbei und man kann das eine Jahr von dem anderen nicht mehr auseinanderhalten. In dieser Situation ist es wichtig einmal bewusst zu pausieren und die bereits erwähnten Erfahrungen, die man machen möchte, zu planen. Mir hilft es z.B., dass ich eine Liste habe, wo ich alle Ziele, Vorhaben und Erfahrungen für dieses Jahr eintrage (ich habe auch noch eine Liste für das nächste Jahr und auch für größere Zeiträume). Zu Beginn des Jahres setze ich mich hin und überlege mir, was ich in diesem Jahr machen möchte (im Laufe des Jahres wird die Liste immer wieder ergänzt und korrigiert). So habe ich immer einen Überblick, was ich mir vorgenommen habe und es passiert deutlich seltener, dass das Jahr wieder rum ist und ich mich wundere, dass ich dieses und jenes nicht geschafft habe, wie z.B. ein Wochenende mit den Freunden zu verbringen.
Natürlich bedeutet das alles nicht, dass man jetzt das ganze Geld auf den Kopf hauen soll. Eine finanzielle Absicherung ist absolut notwendig. Aber es ist vollkommen in Ordnung, das Geld ohne schlechtes Gewissen für Erfahrungen und Erlebnisse auszugeben, die einem wichtig sind – und das nicht erst irgendwann später, sondern am besten jetzt. Am Ende blickt keiner zurück und freut sich über seine hohe Sparquote oder das viele Geld, das man sein Leben lang angespart hat. Letzten Endes geht es im Leben darum, Erinnerungen anzusammeln: „Das Geschäft des Lebens ist der Erwerb von Erinnerungen. Am Ende ist das alles, was bleibt.“ (Carson, Butler von Downton Abbey)
Foto von Katarzyna Grabowska auf Unsplash